Bericht aus dem Zofinger Tagblatt vom 19. Januar 2016
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Schmale Glückssträhnen am Geburtstag

Uerkheim Die Theatergruppe präsentiert mit «Tante Jutta aus Kalkutta» einen humorvollen Theaterabend

VON JOSY BUCHER



Tante Jutta (r.) prüft die Frau ihres Neffen mit kritischen Blicken.


So eine Erbtante wünscht sich jeder: Sie wohnt in Indien und wendet ihre Zeit und Gedanken für die Verwandtschaft vor allem während des Ausstellens grosszügiger Checks auf. Die Familie ist übersichtlich. Eigentlich gehören nur Rechtsanwalt Hans Nägeli (gespielt von Beat Bertschi) und, wie sich später herausstellt, Adoptivtochter Hilda (Elisabeth Moser) dazu. Nägeli ist es recht, denn die Zahl auf den Checks erhält dadurch ein paar Stellen mehr und Familienschläuche sind ihm sowieso ein Graus. Obwohl er seine Arbeit als Rechtsanwalt gut macht, ist er ständig knapp bei Kasse. Frauen, Partys und der Lohn des Butlers fressen Löcher in die Haushaltskasse.

Turbulenter Dreiakter

Der Einstieg ins Theater zeigt das Warten auf den Geburtstags-Check von Tante Jutta (Margrit Nyffenegger) aus Kalkutta. Freunde, Klienten und der Butler freuen sich auf einen grosszügigen Anwalt, der wie immer die Korken knallen lässt. Doch dem Villenbesitzer ist gar nicht zum Feiern zu Mute, so lange die Zahlungsanweisung noch nicht da ist. Seine miese Stimmung lässt im Publikum Schadenfreude aufkommen, weil es das ganze Unheil auf ihn zukommen sieht. Gnadenlos wird er psychisch und manchmal auch physisch richtiggehend verhudelt. Zwischendurch schwingt er auf schmalen Glückssträhnen, weil sich die Ereignisse so zusammenfügen, dass er seinen persönlichen Totalschaden vielleicht doch noch im letzten Moment abwenden kann. Am Schluss gibt es für alle ein Happy End, ganz besonders fürs Publikum. Es durfte einen fröhlichen Abend erleben und über viele gut gespielte und turbulenten Szenen lachen.

Die Theatergruppe Uerkheim setzt seit der Gründung auf Komödien und überlässt die traurigen, hintergründigen Werke der Tagesschau oder anderen Theatergruppen. Es sind nicht nur die Stücke selber, die den Alltag vergessen lassen. Die Uerkner Darsteller sind bei Schwänken in ihrem Element und tauchen hervorragend in ihre Rollen ein. Regisseurin Ruth Hunziker zieht einmal mehr die Fäden am richtigen Ort, damit die Lacher gut platziert sind.

Für die Vorstellungen von morgen Mittwoch und Freitag hat es noch Plätze für Schnellentschlossene. Für die Dernière am Samstag sind mit etwas Glück noch Plätze erhältlich. Die Vorstellungen beginnen um 20.15 Uhr. Am Freitag und Samstag verwöhnen die Hobbyköche Uerkheim ab 18.30 Uhr die Zuschauer mit einem Nachtessen.


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Kolumne aus dem Zofinger Tagblatt vom 26. Januar 2016
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Standing Ovations för Uerke


Es waren mehr als nur heitere und vergnügte Stunden am Samstag in der Turnhalle von Uerkheim. Es war ein Abend – von der ersten bis zur letzten Minute – voller Unbeschwertheit, angereichert mit zahlreichen Gläsern voller allerbester Tropfen für das Herz und das Gemüt, Labsal für die Seele! Die Theatergruppe Uerkheim hatte zum Besuch eingeladen, «d Tante Jutta vo Kalkutta» war unverhofft eingetrudelt.

Wer meint, Kultur finde nur auf den grossen Weltbühnen mit sogenannt grossen Namen statt, der irrt, weil er offenbar den Boden unter den Füssen verloren hat. Die Theatergruppe vo Uerke bewies mit ihrer heurigen Aufführung erneut, dass Kultur vor Ort beginnt, dass lokale und regionale Kultur zu demjenigen Salz gehören, welches das Leben bedeutsam mitprägt. Was bei der Verteilung von öffentlichen Kulturgeldern leider oftmals nicht mehr wahrgehabt werden will.

Die Tatsache, dass auch an der letzten der fünf Aufführungen vor ausverkauftem Haus gespielt werden durfte, beweist, dass auch Laientheater keine Auslaufmodelle sind, wie auch das übrige von Laien getragene Kulturleben nicht altes Eisen ist. Voraussetzung ist allerdings, dass Jung und Alt sich engagiert, Freizeit in den Dienst einer Sache stellt, ohne zu fragen, was bringt es. Hier hat auch das Gemeinwesen eine Verpflichtung, indem es nicht mit überbordenden Auflagen und hohen Gebühren Steine in den Weg legt. Leider gibt es auch in der Region solche Steine.

Es war ein lustiges Volkstheater voller Situations- und Typenkomik, eine Aufführung zum kraftvollen Lachen, kurz und gut, es war eine willkommene Abwechslung zum Alltag, der bald mehr negative als positive Schlagzeilen liefert, als ob man auf der Welt wäre, um sich nur von Unheil zu umgeben. Bei aller Ernsthaftigkeit der Probleme, die zu lösen sind, braucht der Mensch zwingend die heitere und unbeschwerte Abwechslung, um letztlich nicht zu zerbrechen.

Stellvertretend für alle andern Organisationen, die sich auch im 2015 bemühen, Sonnenlicht zu liefern, verdient die Theatergruppe Uerkheim Dank, aber auch Anerkennung. Deshalb eine Standing Ovations ins Uerketal!

@kurt.blum@ztonline.ch

Kurt Blum